Hier traf sich die gesamte deutsche Rotwein-Elite und ganz offiziell wurde das Weingut Rettig mit einer Auszeichnung geehrt. Eine Auszeichnung, die für Weinkenner nicht wirklich eine Überraschung war, aber für Katja Rettig selbst unerwarteter nicht hätte kommen können.
„Nach Regen folgt Sonnenschein“ – und ein Anruf von Rudi Knoll, hochgeschätzter Weinkritiker und leitender Redakteur der Weinfachzeitschrift VINUM…
Erst im Sommer 2017 hat die Jungwinzerin Katja Rettig das Weingut von ihrem Vater übernommen. Schon kurze Zeit später zerstörte Hagel die Trauben in den Weinbergen. Katja weiß um das ausdruckskräftige Potenzial ihrer Trauben – wenn sie denn da sind. Doch angesichts der Tatsache, dass 1/3 des ganzen Bestandes zerstört war, machten sich Zweifel und Sorgen breit – auf dem Weingut und in ihrem Herzen herrschte Trauerstimmung.
Dann klingelte das Telefon und Rudi Knoll verkündete die Botschaft, dass die VINUM in Kooperation mit Vinexus sie zur „Newcomerin des Jahres beim Deutschen Rotweinpreis“ gewählt hat und den Preis im November auf der großen Rotwein-Gala überreichen möchte.
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Schön, dass Sie sich Zeit für ein Interview genommen haben, Frau Rettig. Es hat uns sehr gefreut, Ihnen diesen großartigen und verdienten Preis überreichen zu dürfen. Verraten Sie mir, was Sie als erstes gemacht haben, als Sie von der Nachricht erfuhren?
Es war ein unbeschreibliches Gefühl, die Nachricht wenigstens im engsten Kreis – meinen Eltern, meiner Schwester und meinem Schwager – erzählen zu dürfen. Ich wäre sonst vermutlich geplatzt.
Sie wurden ja aufgrund der Vielfalt Ihres Rotweinsortiments zur „Newcomerin des Jahres beim Deutschen Rotweinpreis“ gewählt – der Bechtheimer Pinot Noir 2015 schaffte es als Einzelwein an die Spitze. Welches Essen würden Sie persönlich zu diesem Wein empfehlen?
Er passt ganz hervorragend zu winterlichen Gerichten. Seine leichte, filigrane Frische freut sich über Gans mit Maronen oder gegrillten Kürbisspalten.
Auf dem VINUM-Bild in der aktuellen November-Ausgabe mit dem Titel „Club der roten Winzer“ sind 9 Männer und eine Katja Rettig abgebildet: Wie gehen Sie damit um? Wie fühlen Sie sich in der Männerdomäne bei deutschen Rotweinen? Oder täuscht das Bild?
Ich habe mir dazu im Vorfeld gar keine Gedanken gemacht. Zugegeben, beim Bild beziehungsweise bei den Vorbereitungen zur Gala selbst war ich etwas verwundert, als einzige Frau so im Fokus zu stehen. Aber als Männerdomäne empfinde ich es persönlich trotzdem nicht wirklich – erst, wenn ich so direkt darauf angesprochen werde.
Was unterscheidet einen guten Rotwein von einem sehr guten Rotwein?
Ich finde es klasse und beeindruckend, wenn man in einer Blindverkostung schmeckt, wo der Wein herkommt. Wenn ein Wein seine Herkunft widerspiegelt, wenn er eben Kalk präsentiert oder Mineralität, wenn aus ihm der Charakter des Bodens winkt … oder eben nicht.
Die Etiketten Ihrer Weine sind eingängig, klar und – bis auf das Logo und Wappen – schnörkellos und damit so wunderbar authentisch und ehrlich, wie das, was darin ist. Es scheint, als hätten Sie sich bewusst gegen kunstvolle Designs entschieden. Ist dem wirklich so – und wenn ja, warum?
Uns geht es um das, was in der Flasche ist und wir möchten nicht davon ablenken. Es geht nicht darum, einfach nur eine schöne, ansprechende Grafik, ein nettes Design oder ein hübsches Bild auf einem Etikett abzubilden, sondern ein Gefühl zu vermitteln. Und das, ohne sich dabei mit fremden Federn zu schmücken und ein tolles Foto von jemand Fremden zu veröffentlichen. Der stilisierte Gazellenkopf auf unserem „Kudu“ einer imposanten Cuvée, die an meinen Opa Karl und seine Arbeit auf einer Farm in Namibia erinnert, der symbolisch für ihn als Abenteurer steht. Es muss halt einfach passen und nichts Konstruiertes sein. Dann eben lieber nichts. Sie werden vielleicht schon bald sehen, was ich meine – denn es sind kleine Veränderungen bei einer Auswahl unserer geplant.
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Ich bin mir sicher, dass wir noch viele Veränderungen und Überraschungen vom Weingut und dem Team um Katja Rettig erfahren werden. Auch in Sachen Weißweinen und freue mich schon sehr darauf – weil ich weiß, dass es immer etwas Großartiges, Authentisches sein wird. Etwas mit Seele, Passion und einer bemerkenswerten Balance – ganz so wie Katja Rettig selbst.
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